Autoreninterviews Rezensionen

Interview mit Brandon Sanderson & Isaac Stewart

Hallo ihr Lieben! Heute habe ich etwas für euch, worauf ich mich lange gefreut habe und was für mich auf jeden Fall immer ein Highlight bleiben wird. Im April habe ich eine Newsletter-Mail von Randomhouse bekommen, dass Brandon Sanderson eine Lesung in Berlin abhalten wird, um den neuen Band der Sturmlichtarchive vorzustellen. Ich sagte (nach kurzer Rücksprache mit Lara) sofort zu und fragte spontan, ob die Möglichkeit für ein Interview bestehen würde. Und kurze Zeit kam die Antwort – aber gern doch!

Also fuhr ich im Mai nach Berlin und durfte meinen Lieblingsautor und seinen Art Director, Isaac Stewart, interviewen. Wir haben über den neuen Band der Sturmlichtarchive gesprochen, das Kosmeer, was Drax und Dalinar gemeinsam haben und wie eigentlich die Karten in den Büchern entstehen. Das Interview war auf englisch, ich habe für euch alles übersetzt. Wer es lieber im O-Ton lesen möchte, kann sich gern das englische Interview herunterladen.


For my english readers: I had the chance to interview Brandon Sanderson and his art director, Isaac Stewart, in May 2019 in Berlin. We talked about the Stormlight Archives, the Kosmeer and how to make maps. If you want to read the full interview, feel free to download this PDF:

Interview with Brandon Sanderson (1976 Downloads )

Das Interview: Alles rund um die Sturmlichtarchive

Hattest Du zu Beginn geplant, dass die Sturmlichtarchive so umfangreich werden? Oder hat es sich verselbstständigt?

Das war von Anfang an geplant, ich wollte schon immer eine große Reihe schreiben. Ich bin mit Robert Jordans Büchern aufgewachsen. Als ich angefangen habe zu schreiben waren meine ersten Bücher Einzelbände oder Trilogien, weil ich denke, dass es für Leser leichter ist, einen Autor auszuprobieren, wenn es nicht gleich eine lange Reihe ist. So kann ich meinen Lesern auch beweisen, dass ich etwas auch beende. Aber in meinem Herzen wollte ich immer eine lange Reihe schreiben und so sind die Sturmlichtarchive entstanden, die ich jahrelang geplant habe.

Also sind Bücher wie Elantris oder die Nebelgeborenen-Reihe zum Ausprobieren gedacht…

Genau, genauso wie Warbreaker. Ich habe mit Büchern angefangen, die leichter zu lesen sind. Bei den Sturmlichtarchiven muss der Leser mir vertrauen, weil es eine große Reihe ist und schwerer, hineinzufinden. Es hat viele Charaktere und ist eine völlig andere Welt.

Ich denke, dass ist eine tolle Idee. Wenn ein potentieller Leser in einem Buchladen den ersten Band der Reihe findet und dann merkt, dass es schon mehr als sechs Bücher sind, ist er vielleicht abgeschreckt.

Ich liebe große Reihen und bin damit aufgewachsen, solche Reihen zu lesen. Ich weiß, wie frustrierend es ist, lange warten zu müssen. Und ich dachte, es wäre besser, mit einer fertigen, kompletten Reihe zu starten, den Nebelgeborenen. So kann man die ganze Reihe lesen und muss sich nicht auf etwas einlassen, was noch nicht fertig ist.

Die Sturmlichtarchive sind jetzt schon sehr komplex und die Reihe ist noch nicht beendet. Wie schaffst Du es, den Überblick zu behalten? Gibt es ein „Roschar-Lexikon“?

Es gibt ein Wiki und einen full time continuity editor. Sie heißt Karen. Ihre Aufgabe ist es, jedes Mal, wenn ich ein Buch schreibe, alle neuen Informationen in dem Wiki unterzubringen, damit ich es für Referenzen nutzen kann – alles, was ich jemals zuvor geschrieben habe. Und wenn ich ein Buch schreibe, dann vergleicht sie es mit allen Informationen aus dem Wiki und teilt mir mit, wenn zum Beispiel ein Charakter plötzlich eine andere Augenfarbe hat oder wenn eine Reise zu lange dauert. Das Wiki ist riesig. Bevor ich ihr die Aufgabe übergeben habe, war es bereits länger als Der Weg der Könige und jetzt ist es noch größer. Momentan ist es für Fans noch nicht verfügbar, da es viele Spoiler enthält, aber ich hoffe, dass wir daraus auch noch etwas für Fans machen können.

Band 5 der Sturmlichtarchive

Aus welcher „Sicht“ schreibst Du die Sturmlichtchroniken am liebsten? Welcher Charakter ist Dir besonders ans Herz gewachsen?

Ich habe keinen Favoriten. Robert Jordan hat einmal gesagt: „Mein Favorit ist der Charakter, den ich gerade schreibe.“ Ich mag diese Antwort. Momentan schreibe ich Venli für den vierten Band, also ist sie gerade mein Favorit. Wenn ich die Perspektive eines Charakters einnehme, ist seine Geschichte die wichtigste Geschichte für mich. Jeder Charakter ist eine Mischung aus Charakterzügen, die mir sehr ähneln und welchen, die sich von mir unterscheiden. Ich packe beides zusammen und versuche, die Welt durch die Augen der Charaktere zu sehen.

Okay, aber gibt es Perspektiven, die Du leichter findest?

Einige Perspektiven sind tatsächlich leichter. Die Charaktere, die mit sich im Reinen sind, sind leichter zu schreiben. Jasnah beispielsweise kennt ihre Welt und weiß, was sie tut. Das ist leichter als Kaladin, der manchmal verloren ist…

Und wie sieht es mit Schallan und ihren unterschiedlichen Gesichtern aus?

Schallan ist etwas schwieriger zu schreiben, weil sie sich in drei verschiedene Menschen verwandeln kann, das macht das Schreiben zu einer Herausforderung. Sie sieht die Welt auf unterschiedliche Arten, was zwar Spaß macht, aber auch schwer zu schreiben ist.

An Nebencharakteren mag ich besonders Fels, den Koch aus Brücke 4. Warum hast Du Dich entschieden, dass er sich nicht zum Kämpfer ausbilden lässt?

Wenn ich einen Charakter schreibe, möchte ich erforschen, wer er ist und ich möchte, dass er Autonomie besitzt und eine Chance, Entscheidungen zu treffen und die Welt, in der er lebt, zu verändern. Als Autor bin ich ein Plotter. Ich mag es, einen Plan zu haben. Aber wenn man sich zu streng an den Plan hält, werden die Charaktere starr. Also versuche ich, Charaktere wachsen zu lassen und sie werden zu lassen, was sie werden wollen.

Fels ist ein Charakter wie Lopen. Als ich angefangen habe zu schreiben habe ich Fels sozusagen mitenscheiden lassen. Es ist ein Koch, weil es das ist, was er ist, was er wurde, als ich seine Geschichte erzählt habe. Ich mag es, wenn Menschen nicht in ihre eigene Kultur passen, weil niemand von uns ein perfektes Beispiel seiner Kultur ist. Und jemand wie Fels unterscheidet sich von den anderen Hornessern und von der Sichtweise, die Menschen sein Volk in der Welt sehen. Er bekommt eine eigene Geschichte, die bisher noch nicht auf Deutsch erhältlich ist, aber noch in diesem Jahr erscheinen wird. [Der Originaltitel lautet Edgedancer]

Alle Deine Welten lassen sich im Kosmeer ansiedeln. Bedeutet das, dass theoretisch Charaktere aus unterschiedlichen Reihen aufeinander treffen könnten?

Ja, das wäre möglich. Menschen fragen mich oft, ob das Kosmeer wie das Marvel-Universum funktioniert. Ich denke eher, es sind unterschiedliche Kulturen, die miteinander interagieren. Es funktioniert nicht so, dass ich wahllos Charaktere aus verschiedenen Welten herausgreife – aber einige von ihnen werden noch aufeinander treffen. Mein Ziel ist es, dass einige dieser Kulturen zu Raumfahrerkulturen werden und in einer spannenden Galaxie aufeinandertreffen. Es funktioniert also mehr wie bei Star Wars als wie bei Marvel.

Band 1 der Sturmlichtarchive

Wenn die Sturmlichtarchive verfilmt werden würden, hast Du Schauspieler im Kopf?

Ich würde mir Dave Battista – er hat Drax in Guardians oft he Galaxy gespielt – für Dalinar wünschen. Wenn man Battista nur als Drax kennt, passt es nicht. Aber wenn man ihn in Interviews sieht, ist er eine sehr interessante Person, ich mag die Art, wie er spricht und wie er aussieht. Ich denke, er wäre eine gute Wahl.

Hast Du einen Schauspieler für Schallan im Kopf?

Ich habe für Schallen noch niemanden gewählt. Ich denke nicht an Schauspieler, wenn ich meine Charaktere entwerfe. Es ist mehr ein Gedanke: „Vielleicht könnte es diese Person sein.“ Viele Personen in Roschar sind für mich sogar in meinem Kopf schwer auszusuchen, weil Roscharianer nicht wie eine Ethnie auf der Erde aussehen. In meinem Kopf sehen sie aus wie halb japanisch und halb irisch – und es gibt nicht viele Schauspieler mit dieser Kombination. Aber so sieht Schallan in meinem Kopf aus.

Hättest Du denn gern einen Film von den Sturmlichtarchiven?

Sehr gern! Ich denke, die Sturmlichtarchive wären nur schwer als Film umsetzbar, aber vielleicht als Fernsehserie. Ich denke, die Nebelgeborenen würden besser als Film funktionieren, das wäre auch toll. Ich würde das sehr gern sehen. Ich denke, das nächste Jahr wird uns den Weg zeigen: „das Rad der Zeit“ wird veröffentlicht, wie haben „Name des Windes“ in Planung und wir haben Narnia und den Witcher. Wenn diese Filme funktionieren und populär werden denke ich, dass unsere Chancen für eine Serie oder einen Film steigen – daher hoffe ich, dass das klappt. Momentan haben wir nur Game of Thrones und den Herrn der Ringe als erfolgreiche Fantasy-Adaptionen. Wenn wir mehr davon hätten, würde das sehr helfen.

Wo würdest Du lieber leben? Auf Scadrial mit allomantischen Fähigkeiten oder auf Roschar mit einem Sprengsel?

Ich würde Scadrial wählen, weil sie erdähnlicher sind mit Instantnudeln und Internet. Roschar ist weit weg davon. Ich mag Klimaanlagen und Elektrizität. Natürlich hat Roschar Sturmlicht und das ist irgendwie das gleiche. Wenn ich nur eine Welt wählen dürfte, würde ich Scadrial nehmen, aber wenn Du mir versprichst, dass ich ein Strahlender wäre, würde ich Roschar wählen. Ohne Fähigkeiten aber definitiv Scadrial.

Zum Schluss noch zwei allgemeine Fragen: Eine Lehrerin hat Dich zum Lesen gebracht. Was würdest Du Kindern/Deinem jüngeren Ich heute sagen?

Ich würde sagen, dass Bücher wie Schuhe sind. Nicht jedes Buch passt jeder Person. Wenn ein Buch Dir nicht passt, kann es sein, dass man denkt: „Ich mag keine Schuhe. Ich werde keine Schuhe mehr tragen.“ Aber die Wahrheit ist, wenn Du das richtige Buch findest, macht es Dein Leben so viel besser – wie ein gutes Paar Schuhe. Also selbst wenn Bücher bisher nicht für Dich funktioniert haben, ist dort draußen eines, das funktioniert. Probiere weiter aus, erkunde sie und sie werden Dein Leben verändern.

Wie sieht Deine perfekte Schreibumgebung aus?

I schreibe gern in einem Sessel, die Füße hochgelegt und den Laptop auf einer Unterlage auf dem Schoß. Ich mag epische Instrumentalmusik, einen Becher Eiswasser mit viel Eis und dass mich Menschen dafür in Ruhe lassen. Wenn Du vor dem Fenster eine schöne Szenerie hast, zum Beispiel den Ozean oder etwas anderes Schönes, gefällt mir das auch.

Fragen an Isaac Stewart: Der Weg zur Fantasy-Karte

Wie läuft die Entwicklung der Karten ab? Liest Du die Bücher selbst und zeichnest dann „nach“? Oder bekommst Du  eine Vorlage zur Orientierung?

Wer haben verschiedene Methoden ausprobiert. Am Anfang hat Brandon mir ein Bild gegeben, das er auf dem Computer gezeichnet hat und es war [Brandon: furchtbar!], aber es hat gereicht. Wenn ich das habe, lese ich das Buch und skizziere beim Lesen. Heute lese ich das Buch und fange an, zu zeichnen. Danach bekommt es Brandon und ich frage ihn, ob alles passt und dann überarbeiten wir es, bis es richtig ist. Oder manchmal passen wir den Text an die Karte an. Oder wir passen den Text und die Karte zu dem Bild in Brandons Kopf an.

Wie lang dauert es, bis eine Karte fertig ist?

Es kommt auf die Karte an. Manche Karten zeige ich Brandon und er findet sie gut und manchmal brauchen wir mehrere Überarbeitungen, weil wir den Text überabreiten und wie müssen Dinge korrigieren, die nicht richtig herauskommen. Diese Überarbeitungen können viel Hin und Her kosten.

Machst du zuerst die Arbeit per Hand? Oder alles digital?

Ich mag beides. Es kommt darauf an, wo ich bin. Ich habe ein Skizzenbuch bei mir und wenn ich eine Idee habe, zeichne ich. Ich habe auch schon auf einem Klavierkonzert gezeichnet. Wenn ich das iPad nutze, wollen meine Kinder damit spielen. Wenn ich das Skizzenbuch nutze, wollen sie damit zwar manchmal auch spielen, aber seltener. Die fertige Skizze scanne ich dann ein und überarbeite sie digital. Manche Designs sind leichter digital anzufertigen, weil ich leichter radieren kann und man zum Beispiel symmetrische Elemente leichter herstellen kann. Aber es ist auch schön, traditionelle Medien zu nutzen und sie Menschen zu zeigen. Manchmal kaufen auch Menschen meine Zeichnungen, das ist eine schöne Ergänzung.

[Brandon: Ich habe ihn das erste Mal auf einem Tisch malen gesehen. Wir waren in einem Restaurant, wo sie Papier und Stifte auf den Tischen haben. Wir wollten gerade gehen, als ich seine Zeichnung gesehen habe. Da habe ich ihm gesagt: „Du bist gut. Möchtest Du etwas für meine Bücher zeichnen?“]

Das war witzig, weil ich ein Gesicht gezeichnet habe und er sagte: „Möchtest Du Karten zeichnen?“ Und ich habe noch nie zuvor in meiner Freizeit eine Fantasy-Karte gezeichnet. Heute erzähle ich Menschen, dass ich meine Arbeit durchs Kritzeln bekommen habe – womit ich niemals gerechnet hätte. Mit 18 in Chemie habe ich Fantasieskizzen neben meine Notizen gezeichnet und mir gedacht, dass ich damit aufhören muss, das würde mich niemals irgendwo hinbringen. Aber im Endeffekt hat das Kritzeln mir eine Arbeit verschafft.

Welche Art von Karten zeichnest Du am liebsten?

Was mich bei Karten wirklich begeistert, sind grafisch ansprechende Formen, keine wirkliche Symmetrie. Ich mag es, wenn es große Formen auf den Karten gibt und man mehr Details hinzufügen kann.


Ich hoffe, ihr fandet das Interview genauso spannend und lustig wie ich. ❤Die Zeit mit den beiden verging wirklich wie im Flug und auch die Lesung war einfach nur toll. Vielen Dank an der Stelle noch einmal an Brandon und Isaac für das nette Gespräch und auch an Elisabeth Bayer von Heyne und das Team von Randomhouse, die mir das Interview ermöglicht haben. Auf meinem Instagram-Kanal gibts übrigens noch passend zum Interview ein kleines Giveaway – schaut mal vorbei!

2 Kommentare

  • Reply
    Siliverwolf
    29 Mai, 2019 at 19:25

    Fels bekommt nicht seine eigene Geschichte (Edgedancer). Das ist Lifts Story.

  • Reply
    Fremde Funken 05-07/2019 | Gedankenfunken
    26 Juli, 2019 at 10:01

    […] interessieren mich alle News zu ihm. Missi von Himmelblau hat im Mai ein deutschsprachiges Interview mit Brandson Sanderson zu den Sturmlicht-Chroniken geführt. Das erinnert mich daran, dass ich bald mal einen neuen Anlauf unternehmen sollte, weil […]

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